23.12.2024
Wir können eintreten in das Licht der Nähe Gottes...
Superintendent Christian Beuchel zur Weihnacht 2024
Am Abend über den dunklen Untermarkt in Mühlhausen zu gehen, ist etwas Besonderes. Ein Weg, den schon Johann Sebastian Bach zu seiner Orgel nahm. Heute steht und strahlt mitten in der Dunkelheit ein großer Weihnachtsbaum vor der Divi- Blasii- Kirche. Obwohl es nieselt und eher frühlingswarm ist, erfreut mich sein Anblick.
Die Tanne symbolisiert den Baum, an dem Eva und Adam im Paradies standen und von der Frucht der Unterscheidung von Gut und Böse aßen. Das Ende des paradiesischen Lebens begann damit und die Tore wurden bewacht. Weihnachten, so will dieser Brauch aufzeigen, ist die Rückkehr ins Paradies. Das Kind Jesus in der Krippe hat die Tür wieder geöffnet. Wir können eintreten in das Licht der Nähe Gottes.
Weihnachten hat etwas Paradiesisches. Kein Fest im Jahr stellt das Schöne, die Freude, die Zuneigung, die Gemeinschaft der Menschheitsfamilie im Großen wie im Kleinen so in den Mittelpunkt. Kinderaugen sehen wir, die sich freuen über die Geschenke der Eltern. Lautes Lachen ertönt am Tisch, wenn die Familie beisammen ist. Die Geschenke für Kleine und Große – sie zeugen von der Liebe. Viele Menschen spenden in dieser Zeit für andere Menschen. Mancher hat ein Lächeln für die gestresste Verkäuferin und gibt dem Paketboten Trinkgeld. Ich sehe in all dem Guten dieser Tage ein Zeichen des Paradieses.
Auf dem Weg über den Platz fallen mir die Worte des Propheten Jesaja ein: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.“
Die Dunkelheit - so wie nur wenige Meter neben dem Baum auf dem Untermarkt - bedrängt uns weiter. Durch Zeit und Welt laufen wir nicht selten im Dunklen. Ich denke an die Finsternis des Krieges, an die Wut im gesellschaftlichen und politischen Miteinander, die Ungerechtigkeit zwischen reichen und armen Menschen. Die Angst um die Zukunft unserer Kinder und Enkel beschleicht mich manchmal. Ich lese von der Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, der so hell in die winterliche Dunkelheit leuchtete und sehe die Berichte vom Geschehen. Höre von bösen Familienkonflikten, die zu Weihnachten aufbrechen.
Vor dem leuchtenden Weihnachtsbaum habe ich die Sätze des Propheten Jesaja im Ohr und sie machen mir Hoffnung, weil ich höre, dass die Welt nicht nur dunkel ist. Es sind Worte des Trostes, weil Gott mit uns auf dem Weg ist und weil sein Licht den Weg erleuchtet und das Ziel immer wieder sehen lässt. Das Ziel ist in diesen Tagen die Krippe mit dem Jesuskind und Maria und Joseph. Der Weg zum Paradies bleibt manchmal dunkel, doch das Ziel leuchtet uns entgegen und die Wärme macht die Welt heute schon ein Stück paradiesisch.
Die alte Geschichte von der Geburt Jesu, die in diesen Tagen so bunt erzählt wird, will uns die Zeichen des Paradieses nahebringen. Manchmal spielen die Kinder ein kleines Theaterstück am Heiligen Abend in der Kirche und Maria und Joseph, Engelchöre, Hirten, Wirte und Könige treten vor der Gemeinde auf. Bisweilen wird die Erzählung weit ausgeschmückt und Personen kommen dazu, die in der Bibel nur höchstens zu erahnen sind, wie die türenknallenden Wirte. Manchmal wird die Geschichte von der Geburt Gottes im Stall aus dem Lukasevangelium nur vorgelesen und mancher wundert sich, wie nüchtern sie erzählt wird. So verschieden die Formen auch sind, alle berichten davon, wie Gott in die Welt kommt und es hell wird, wenn er Menschen nahe ist.
Der ewige Weihnachtsbaum steht im Paradies und dies ist unser Ziel, daran will uns das Fest und die Geschichte von der Krippe erinnern. Amen
Christian Beuchel
Gebet
Barmherziger Gott, lieber himmlischer Vater,
wir preisen dich für die Geburt deines Sohnes.
In ihm leuchtet deine Liebe. Durch ihn berührt uns deine Gnade.
Von ihm kommt dein Heil zu uns.
Wir bitten dich für deine Kirche in der ganzen Welt,
für alle, die heute die Geburt deines Sohnes feiern:
Erfülle deine Kirche mit Freude und Glanz und Schönheit.
Lass deine Wärme spürbar werden in allen Gemeinden,
auch dort, wo es gerade kalt und dunkel ist.
Wir danken dir, Gott, dass du in Jesus Christus bei uns bist,
und wir deine Herrlichkeit sehen dürfen.
Hilf uns, in deinem Licht zu leben.
Dir sei Ehre in Ewigkeit. Amen.
Alexandra Dierks